Warum das Stadtgärtnern in Augsburg floriert

Beitrag von Andrea Baumann, Augsburger Allgemeine, 8.9.2019, Foto: Michael Hochgemuth | Viele Menschen leben ihre Leidenschaft fürs Buddeln und Pflanzen auf wenigen Quadratmetern aus. Wo sich die Gemeinschaftsgärten in Augsburg befinden.

Seit der Umgestaltung vor einigen Jahren hat sich die Grünanlage am Theodor-Heuss-Platz zum Anziehungspunkt gemausert. Zahlreiche Ruhebänke, Bäume, Blumen und ein Wasserspiel locken nicht nur die Anwohner an. Nur die beiden Hochbeete, die zwar bei blauem Himmel den ganzen Tag von der Sonne beschienen werden, führen ein Schattendasein – bislang.

Eine Pflanzaktion soll dem Stadtgärtnern hier mitten im Zentrum Augsburgs neuen Schwung verleihen. Und so buddeln an diesem Nachmittag Tine Klink, Grünen-Stadtrat und Anwohner Matthias Lorentzen und seine Nachbarin Johanna in der prallen Sonne in einem Hochbeet die altersschwachen Erdbeerpflanzen aus, die in diesem Sommer keine Früchte mehr getragen haben. Regina Martin vom Grünamt hat Nachschub mitgebracht – überwiegend winterharte Kräuter wie Oregano, Thymian, Blutampfer oder Lavendel.

Ein Pate für die Hochbeete am Heuss-Platz in Augsburg

„Mir war es arg, dass hier nichts mehr passiert ist“, sagt Tine Klink. Die „Gartenverrückte“, wie sie sich selbst nennt, betreut beruflich und ehrenamtlich mehrere Urban-Gardening-Projekte in der Stadt. Matthias Lorentzen konnte sie jetzt als Paten für die Hochbeete gewinnen. „Ich war schon vor dem Umbau gerne auf dem Platz, damals wurde auch gegärtnert.“ Daran wolle er jetzt anknüpfen und sich auch mit Hilfe von Nachbarn ums Gießen und Nachpflanzen kümmern. Besonders schön findet der junge Vater, dass die Kräuter für seine Kinder als Anschauungs- und Schnupperobjekte dienen. Und nicht nur das: Ebenso wie früher die Erdbeeren zum Naschen verlockten dürfen auch die Kräuter in kleinen Mengen mitgenommen werden. Wann das zweite Hochbeet am Heuss-Platz neu bepflanzt wird, steht noch nicht fest. „Vielleicht noch im Herbst mit Feldsalat.“

So mancher leidenschaftliche Gärtner, der viele Stunden Arbeit in sein Grün investiert, mag die doch recht überschaubare Aufgabe der Beetpaten belächeln. Andererseits gewinnt das Stadtgärtnern als Alternative zum Kleingarten oder der Grünidylle am eigenen Haus in Augsburg immer mehr an Bedeutung. Dass gerade der Nordwesten der Stadt hier stark vertreten ist, führt Regina Martin auf die dort recht dichte Besiedelung zurück. In Oberhausen etwa gedeihen alle teilweise vor mehreren Jahren initiierten Projekte – etwa an der Dieselbrücke oder in der Neuhoferstraße bei St. Joseph. Besonders eifrige Helfer finden sich an der Austraße ein. „Es gibt dort mittlerweile sogar drei Bienenstöcke“, sagt Klink. Einzig die Pflege der Hochbeete vor der Löweneck-Schule sei derzeit ein Problem. Die Zusammenarbeit mit der Schule habe zuletzt auch wegen der Ferien nicht so gut geklappt. „Wir wollen jetzt einen neuen Versuch mit den Nachbarn starten“, kündigt Klink an.

Stadtgärtnern im Wittelsbacher Park

Einen Neuanfang könnte es auch an zwei Standorten nahe der Innenstadt geben. Anstelle der sogenannten Bigpacks denkt das Grünamt daran, im Wittelsbacher Park Hochbeete aufzustellen und diese Ehrenamtlichen zur Pflege zu überlassen. „Wir wollen weg von den Bigpacks“, sagt Martin. Denn Hochbeete seien nachhaltiger als die sackartigen Pflanzbehälter. Das Vorhaben im Wittelsbacher Park soll im nächsten Frühjahr in die Tat umgesetzt werden – ebenso wie die Bepflanzung von Betonringen in der Alpenstraße. Gute Nachrichten gibt es auch vom Interkulturellen Garten in Kriegshaber am Rande des Kulturparks West. Auch wenn der Pachtvertrag abgelaufen sei, werde das Projekt weiterbestehen, sagt Regina Martin. „Die Fläche wird etwas kleiner und dann nur noch für 50 statt wie bisher 70 Gärtnern ein Betätigungsfeld bieten.“

Kapazitäten frei hat indes der neue Gemeinschaftsgarten des Vereins Wertachwiese an der Uhlandstraße. Auf dem rund 3000 Quadratmeter großen Grundstück können 60 bis 80 Gärtner aktiv werden. Noch in diesem Herbst soll dort in Kooperation mit dem Amt für Landwirtschaft der Weg bereitet werden für eine Streuobstwiese, sagt Martin.

Schule kümmert sich um Hochbeete am Augsburger Vogeltor

Eine ungewöhnliche Zusammenarbeit hat in diesem Sommer zwischen den Stadtwerken und der Realschule St. Ursula begonnen. Die Schülerinnen betreuen Hochbeete, die vor dem Umspannwerk am Vogeltor stehen. Ziel ist es, die Grünfläche aufzuwerten und die Mauern des Umspannwerks vor illegalen Graffiti zu bewahren. Denn die Maßnahme, auf die die Stadtwerke sonst in solchen Fällen zurückgreifen – eine legale Verschönerungsaktion mit dem Verein „Die Bunten“ – ist an dieser Stelle aus Gründen des Denkmalschutzes nicht möglich. Und so entstand die Idee, anstatt Graffiti dort ein Urban-Gardening-Projekt zu machen. Thomas Hosemann von den Stadtwerken ist angetan vom Engagement der Schule: „Es gab sogar einen Gießplan für die Ferien.“ Die Aktion werde auch im neuen Schuljahr fortgesetzt.